Die Musterfeststellungsklage – (k)ein Gewinn für die Verbraucher?

Dieselskandal führte zur Musterfeststellungsklage

 

Im Zuge des Dieselskandals wurde die Musterfeststellungsklage von Seiten der Bundesregierung und vielen Medien als ein Segen für geschädigte Verbraucher dargestellt. Immerhin gab es bislang keine beachtliche Sammelklage im deutschen Recht. In der juristischen Fachliteratur wurden jedoch bereits vor ihrem Inkrafttreten erhebliche Zweifel an ihrem Nutzen geäußert. Die Kritik hat sich inzwischen in der Praxis teils bewahrheitet.  

Funktionsweise der Musterfeststellungsklage

Zunächst soll die Funktionsweise der neuen Klageart kurz dargestellt werden. Sobald eine Vielzahl von Verbrauchern von einem rechtswidrigen Handeln eines Unternehmens betroffen ist, können klagebefugte Verbände, sogenannte „qualifizierte Einrichtungen“, im Namen der Verbraucher vor einem Oberlandesgericht klagen. Mittels der Klage kann im günstigsten Fall festgestellt werden, dass bestimmte (Schadensersatz-)Ansprüche dem Grunde nach bestehen. Es ergeht allerdings noch kein vollstreckbares Urteil.

 

Dies hat zur Folge, dass jeder Verbraucher im Anschluss eine weitere, sogenannte Leistungsklage erheben muss, wenn kein Vergleich zustande kommt. Einen solchen Vergleich werden die beklagten Unternehmen allerdings aus taktischen Gründen zumeist nicht eingehen. Der oftmals hervorgehobene Vorteil für die Verbraucher besteht darin, dass sie sich ohne Kostenrisiko der Klage anschließen können. Dem stehen allerdings diverse Nachteile – auf die nachfolgend exemplarisch eingegangen werden soll – entgegen.

Dient die Musterfeststellungsklage Verbrauchern oder Unternehmen?

Die Bundesregierung wollte den Verbrauchern einerseits eine Möglichkeit einräumen, ihre Rechte einfacher und mit geringerem Risiko durchzusetzen. Andererseits wollte sie aber auch die Interessen von Unternehmen schützen. Für Laien mag dabei das Argument überzeugend gewirkt haben, dass eine Klageindustrie wie in den USA vermieden werden sollte.

 

Mit dieser Begründung wurden unter anderem hohe Anforderungen an die klagebefugten Verbände gerechtfertigt. Allerdings ist die prozessuale Rechtslage in den USA und Deutschland nicht ansatzweise vergleichbar. Bereits aufgrund der anfallenden Prozesskosten macht es in Deutschland keinen Sinn, eine Klage mit äußerst geringen Erfolgsaussichten zu erheben.

 

Auch sind Schadensersatzzahlungen nach deutschem Recht auf den tatsächlich erlittenen Schaden begrenzt und haben nicht – wie in den Vereinigten Staaten – einen zusätzlichen Strafcharakter, der sozusagen zum „Pokern“ einlädt. Die Argumentationsweise der Bundesregierung legt daher den Umstand nahe, dass letztlich der Schutz von größeren Unternehmen im Vordergrund stand und der Verbraucherschutz in Folge vernachlässigt wurde.

 

Der Gesetzgeber war auch sichtlich bemüht, die Zahl der klagebefugten Verbände gering zu halten. Sie müssen unter anderem mindestens 350 Mitglieder haben und dürfen nicht tätig sein, um Gewinne zu erzielen.