Diesel-Skandal: Ansprüche und Verjährung

Dieselskandal

Immer neue Details des sogenannten Diesel-Skandals beschäftigen Justiz und Öffentlichkeit. Während zu Beginn das Ausmaß der Manipulationen noch nicht absehbar war und sukzessive immer mehr Details bekannt wurden, stehen zusehends die Folgen für die Fahrzeughalter im Vordergrund.

 

Wenngleich der Geschehensablauf allgemein bekannt sein dürfte, möchte ich die Ereignisse kurz schildern und im Anschluss auf die Ansprüche von Fahrzeugkäufern eingehen, die nun geltend gemacht werden können.

 

Der Diesel-Skandal und die Rechte der Fahrzeughalter

Verschiedene Fahrzeughersteller wie Volkswagen machten unzutreffende Angaben zum Ausstoß von Stickoxid ihrer Dieselfahrzeuge. Mittels einer speziell zu diesem Zweck entwickelten Software, fiel der Schadstoffausstoß bei Prüfstandläufen deutlich niedriger aus, als im realen Fahrbetrieb. Den Käufern der Fahrzeuge wurde suggeriert, dass die Schadstoffemissionen jenem auf dem Abgasprüfstand entsprechen, obwohl dies nicht der Fall war.

 

Insoweit haftet den Autos ein Sachmangel an, wie der Jurist sagt. Ein solcher verpflichtet den Verkäufer grundsätzlich zur Nachbesserung. Soweit eine Nachbesserung nicht möglich ist oder abgelehnt wird, kann der Käufer Schadensersatz fordern oder von dem Vertrag zurücktreten.

 

Zwar wollen einige Hersteller eine solche Nachbesserung durchführen, indem sie ein Softwareupdate vornehmen. Dieses wird auch dazu geeignet sein, die beim Fahrzeugkauf zugesicherten Stickoxidwerte zu erreichen. Allerdings birgt das Update die Gefahr, dass der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmissionen ansteigen.

 

Insoweit wird ein Sachmangel behoben und gleichzeitig ein neuer geschaffen. Immerhin sind Kraftstoffverbrauch und CO2-Emmissionen ebenfalls zentrale Eigenschaften eines Fahrzeugs, die bei dessen Kauf vereinbart werden.

 

Daneben stehen die Softwareupdates im Verdacht, zu einem stärkeren Verschleiß des Motors zu führen. Aus den genannten Gründen ist von einem signifikanten Wertverlust auszugehen. Daneben sehen sich Fahrzeughalter dem Risiko ausgesetzt, dass Gerichte zunehmend Fahrverbote für Dieselfahrzeuge anordnen werden.

 

Deshalb kann es empfehlenswert sein, von dem Vertrag zurückzutreten. Hierbei handelt es sich – kurz gesprochen – um eine Rückgabe des Fahrzeugs gegen Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises. Wer das Fahrzeug allerdings behalten möchte, kann sich die Kosten für einen höheren Benzinverbrauch oder einen Wertverlust kompensieren lassen. In ersten Entscheidungen haben verschiedene Gerichte diese Ansprüche bereits anerkannt.

 

Gefahr der Verjährung

Wer entsprechende Ansprüche geltend machen möchte, sollte zeitnah handeln, da sonst die Verjährung drohen kann. Diese verhindert in aller Regel die Verfolgung legitimer Ansprüche Die Verjährungsfrist beträgt im Kaufrecht nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB grundsätzlich bloß zwei Jahre. Sie beginnt mit der Ablieferung des Fahrzeugs bei den Kunden. Demnach hat die Frist von zwei Jahren zu laufen begonnen, wenn die Kunden über das Fahrzeug tatsächlich verfügen konnten beziehungsweise es in Empfang genommen haben.

 

Etwas länger kann die Frist für Kunden von Autohäusern ausfallen, die sich zu 100 % im Eigentum eines der betroffenen Fahrzeugkonzerne befinden. Diesen Händlern wird das Wissen der Hersteller zugerechnet, weshalb der Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung aufgehoben und der Kaufpreis zurück verlangt werden kann.

 

In diesen Fällen beträgt die Verjährungsfrist nach § 195 BGB drei Jahre, wobei die Frist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Kunde von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat. Da die Manipulation der Fahrzeuge 2015 bekannt wurde, tritt die Verjährung in der Regel mit Ablauf des Jahres 2018 ein, wenn das Fahrzeug bei einem herstellerzugehörigen Händler erworben wurde.

 

Schließlich können Kunden, die das Fahrzeug mit einem Kredit finanziert haben, in den Genuss eines zeitlich unbegrenzten Widerrufsrechts kommen. In der Vergangenheit haben die sogenannten Konzernbanken der Fahrzeughersteller oftmals Kreditverträge genutzt, die nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen. Der fehlerhafte Vertrag kann in Folge zusammen mit dem Kaufvertrag widerrufen werden.

 

Sollte sich der Darlehensvertrag also als fehlerhaft erweisen, können die Verträge – trotz einer Verjährung der Rechte aus dem Kaufvertrag – möglicherweise rückabgewickelt werden. Im Ergebnis konnte der Verbraucher das Fahrzeug dann über mehrere Jahre fast kostenfrei nutzen. Da es im Einzelfall treuewidrig sein kann, mit dem Widerruf unnötig lange zu warten, sollte immer geprüft werden, wann der ideale Zeitpunkt ist, um von dem Gestaltungsrecht Gebrauch zu machen. 

 

Strategie der Konzerne

Die bisherigen Geschehnisse lassen nicht auf ein Entgegenkommen der Konzerne hoffen.  Ihr Verhalten hat aufgezeigt, dass eine Unternehmenskultur vorherrscht, die Gewinnmaximierung über das Wohl von Kunden und Allgemeinheit stellt.  Auch von den maßgeblichen politischen Akteuren ist nur bedingt Hilfe zu erwarten, da die Automobilindustrie für die deutsche Volkswirtschaft eine zentrale Bedeutung einnimmt und insoweit nicht übermäßig beeinträchtigt werden soll. Ferner führen Staatsbeteiligungen zu Interessenskonflikten.  

 

Die Strategie der Unternehmen zielt darauf ab, die mit dem Diesel Skandal verbundenen Kosten zu begrenzen. In den USA und Kanada musste allein Volkswagen bislang Strafzahlungen und Schadensersatz an Verbraucher in zweistelliger Milliardenhöhe leisten. Daneben klagen weltweit Aktionäre wegen Kursverlusten. Weitere Verfahren unter anderem wegen einem Verstoß gegen das Kartellrecht werden wohl zu zusätzlichen finanziellen Belastungen führen. Eine freiwillige und angemessene Entschädigung von europäischen Verbrauchern ist vor diesem Hintergrund nicht zu erwarten.

 

Soweit freiwillig Zugeständnisse gemacht werden, bleiben sie hinter dem zurück, was den Betroffenen eigentlich zusteht. An verschiedenen Stellen wird etwa berichtet, dass Volkswagen bis Ende 2017 auf die Einrede der Verjährung verzichtet. 

 

Das klingt im ersten Moment so, als ob alle auf den Manipulationen beruhenden Ansprüche bis zum Jahresende geltend gemacht werden können. Tatsächlich können damit aber nur die Ansprüche auf Nachbesserung gemeint sein. Zudem entfaltet eine derartige Erklärung bestenfalls eine Bindungswirkung gegenüber Händlern, die dem Konzern angehören. Autohäuser die hingegen von VW unabhängig sind, kann eine derartige Erklärung nicht verpflichten.

 

Es ist demnach riskant, sich auf ein vermeintlich wohlwollendes Entgegenkommen der Hersteller und Händler zu verlassen.

 

Fazit

Den betroffenen Fahrzeughaltern stehen unter Umständen unterschiedliche Ansprüche zu, mit denen der entstandene Schaden ausgeglichen werden kann. In Anbetracht oftmals drohender Verjährung rate ich zu einer zeitnahen Beratung.

 

Die Rechtsanwaltskanzlei Holstein in Erfurt ist ein Ansprechpartner, um die individuellen Ansprüche wegen des Diesel-Skandals durchzusetzen. Auch aufgrund von persönlichen Kontakten zu weiteren Kanzleien, die mit dieser Angelegenheit betraut sind, können bestmögliche Resultate für Sie erzielt werden.