Komplikationen bei Pauschalreise? Ihre reiserechtlichen Ansprüche

Einen langen Weg sehen Reisende bei Rechtsproblemen oft vor sich.

Wer sich auf seinen Urlaub freut, ist verständlicherweise verärgert, wenn die Qualität der Reise nicht den Erwartungen entspricht. Reisenden stehen diverse Rechte zu, wenn sogenannte Reisemängel bestehen. Über diese Ansprüche gegenüber Reiseveranstaltern möchten wir Sie hier informieren. 

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Hier geht es um Ihre Ansprüche bei Pauschalreisen. Eine solche liegt grundsätzlich vor, wenn mehrere Reiseleistungen (z.B. Transfer, Verpflegung und Unterkunft) miteinander verbunden sind. 


1. Wann liegt ein sogenannter Reisemangel vor?

Wie bereits erwähnt, setzen reiserechtliche Ansprüche Reisemängel voraus. Wann ein solcher vorliegt, steht in § 651i Absatz 2 BGB. Als Ausgangspunkt bestimmt man Art und Niveau der Beförderung, Unterbringung etc. Dies ist die Soll-Beschaffenheit der Reise. Es kommt also darauf an, was der Reisende von der konkreten Reise erwarten darf. 

Das ergibt sich aus:  

 

  • dem Reisevertrag,

 

  • der Reisebestätigung,

 

  • den Prospekten oder der Webseite des Veranstalters (Was kann eine durchschnittliche Person aufgrund der Angaben erwarten?)

 

  • und aus schriftlichen und mündlichen Zusicherungen des Reiseveranstalters.  

 

Abweichungen von diesen Soll-Eigenschaften führen in der Regel zu einem Reisemangel.

 

Offensichtlich ist dies etwa, wenn

 

  • die Reise ausfällt,

 

  • einzelne Elemente wegfallen (z.B. Transfer zum Hotel, Ausflüge) oder

 

  • Leistungen nicht – wie geboten – erbracht werden (z.B. wenn permanenter Lärm von einer Baustelle keine Ruhe aufkommen lässt).

 

Natürlich wird regelmäßig nicht jede Eigenschaft einer Pauschalreise ausdrücklich vereinbart. In diesen Fällen ergibt sich die Soll-Beschaffenheit aus dem Nutzen der Reise, welcher von dem Reisenden und Reiseveranstalter vorausgesetzt wurde. Sofern sich dieser auch nicht bestimmen lässt, ist auf den gewöhnlichen Nutzen der Reise und eine allgemein übliche Beschaffenheit abzustellen.

 

So sind etwa an eine Wellnessreise und einen Partyurlaub gänzlich andere Anforderungen zu stellen. Auch die bereiste Region spielt eine Rolle. Nicht überall auf der Welt kann ein mitteleuropäischer Standard erwartet werden. Anders verhält es sich aber, wenn der Reiseveranstalter ein bestimmtes Niveau zusichert.

 

Ansonsten ist noch zu beachten, dass eine bloße Unannehmlichkeit noch keinen Reisemangel darstellt. Eine solche ist etwa gegeben, wenn tagsüber Geräusche von anderen Reisenden zu hören sind.

Daneben sind Beeinträchtigungen unbeachtlich, bei denen Juristen vom allgemeinen Lebensrisiko sprechen. Das kann etwa der Fall sein, wenn Wildtiere einmalig das Frühstücksbuffet plündern.

 

Auch Kriminalität, die von Dritten ausgeht, begründet regelmäßig keinen Reisemangel. Anders verhält es sich etwa, wenn Übergriffe von einem Reiseleiter oder vom Hotelpersonal ausgehen.

 

Die Abgrenzung von Reisemängeln, bloßen Unannehmlichkeiten und der Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos kann im Einzelfall komplex sein. Sie kann oft erst im Zuge einer anwaltlichen Beratung erfolgen. Allerdings sollten Sie sich trotzdem zeitnah beim Reiseveranstalter beschweren, um keine zusätzlichen Nachteile zu erleiden. 

2. Wie sollten Reisende reagieren?

Zwei Dinge sollten Reisende unbedingt beachten:

 

  • Dokumentation der Reisemängel

 

  • Mitteilung an dem Reiseveranstalter 

 

2.1 Dokumentation der Mängel

Zunächst empfiehlt es sich, die Reisemängel zu dokumentieren.  

  • Hierzu eignen sich oftmals Fotos.

 

  • Heben Sie aussagekräftige Belege auf.

 

  • Notieren Sie sich Details (Datum, Uhrzeit, Verantwortliche, Auswirkungen des Reisemangels). 

 

  • Daneben können Zeugen – beispielsweise Mitreisende – hilfreich sein. Erkundigen Sie sich nach ihren Kontaktdaten.

 

  • Idealerweise schaffen Sie es, dass Ihr Mängelprotokoll vom Reiseleiter oder anderen Verantwortlichen unterschrieben wird. Idealerweise wird das Briefpapier oder ein Stempel des Hotels etc. verwendet.

 

2.2 Mitteilung an den Reiseveranstalter

Anschließend sollten Sie den Reiseveranstalter schnellstmöglich über die Reisemängel informieren. Damit einhergehend sollten Sie ihn – sofern das Problem behebbar ist – dazu auffordern, die Probleme zu beseitigen.

 

Wenn die Mitteilung unterbleibt, entfällt meistens die Möglichkeit, den Reisepreis zu mindern oder Schadensersatz zu verlangen (§ 651o Absatz 2 BGB). Anders verhält es sich natürlich, wenn Sie den Mangel aufgrund der Umstände nicht melden brauchten.

 

Der Grund hierfür ist einleuchtend. Wenn der Reiseveranstalter das Problem nicht kennt, kann er es auch nicht lösen. Anders verhält es sich bloß, wenn

 

  • keine Hilfe mehr möglich ist (z.B. durch Ersatzleistungen),

 

  • der Reiseveranstalter den Mangel bereits kennt

 

  • oder im Vorfeld erklärt hat, dass er nichts unternehmen wird.
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Sicherheitshalber sollten Sie sich auf jeden Fall wegen der mangelhaften Reise beschweren. 

 

Sie sollten die Mängelanzeige unbedingt schriftlich (etwa per E-Mail) vornehmen, damit diese auch dokumentiert und später beweisbar ist. Um die Probleme rasch zu beseitigen, kann ergänzend natürlich auch ein Telefonat geführt werden.


In besonders verfahrenen Situationen bietet es sich auch an, einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, Ihnen zeitnah zu helfen. Ein Schreiben von einer Rechtsanwaltskanzlei kann in solchen Situationen manchmal „Wunder“ bewirken. 

3. Welche Ansprüche haben Sie gegenüber dem Reiseveranstalter?

Die folgenden reiserechtlichen Ansprüche setzen je einen Mangel voraus. Bei einigen Ansprüchen gegenüber dem Reiseveranstalter kommen weitere Voraussetzungen hinzu.

 

Wichtig ist insbesondere, wie sich der Mangel auswirkt. Erhebliche Beeinträchtigungen führen zu mehr Rechten des Betroffenen. Auch das Verhalten des Reiseveranstalters spielt manchmal eine Rolle.

 

Sind die Auswirkungen nicht sonderlich schwerwiegend, kommen meistens nur eine (Selbst)Abhilfe und die Minderung des Reisepreises in Betracht. Andernfalls ist auch an eine Kündigung des Reisevertrages und Schadensersatz zu denken. 

Folgende Rechte können Reisende haben:

  • Abhilfe verlangen (§ 651k Absatz 1 BGB)

 

  • selbst Abhilfe schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 651k Absatz 2 BGB)

 

  • Abhilfe durch andere Reiseleistungen (Ersatzleistungen) verlangen (§ 651k Absatz 3 BGB)

 

  • Kostentragung für eine notwendige Beherbergung verlangen (§ 651k Absatz 4 und 5 BGB)

 

  • den Reisevertrag kündigen (§ 651l BGB)

 

  • den Reisepreis mindern (§ 651m BGB)

 

  • Schadensersatz verlangen (§ 651n BGB)

 

  • Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen (§ 284 BGB)

 

An dieser Stelle wird der Übersichtlichkeit halber bloß auf den Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eingegangen. Bei diesem geht es um eine Kompensation von entgangenem Urlaub beziehungsweise vertanem Urlaub. Die entfallene Urlaubsfreude ist kein materieller Schaden, was diesen Schadensersatzanspruch manchmal schwer greifbar werden lässt. 

Nutzlos aufgewendete Urlaubszeit

Der Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit folgt aus § 651n Absatz 2 BGB. Der Anspruch tritt ergänzend zu dem Recht der Minderung oder Rückzahlung des gesamten Reisepreises aufgrund einer Kündigung.

 

Die Entschädigungsregelung dient dazu, dem Reisenden die entgangene Urlaubsfreude auszugleichen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, wie der Betroffene die eigentlich für den Urlaub eingeplante Zeit nutzt. Er kann in der Zeit beispielsweise arbeiten. (LG Rostock, Urteil vom 07.08.2020 – 1 O 112/20).

 

Wie hoch fällt der Schadensersatz aus? Im Gesetz steht nicht, wie hoch die Entschädigung ausfallen soll. Die Gerichte würdigen bei der Bemessung deshalb sämtliche Umstände des Einzelfalls. Der Reisepreis ist dabei das bedeutendste Kriterium.

 

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Oftmals wird eine Entschädigung in Höhe von etwa 50 Prozent des Reisepreises festgelegt. Allerdings ist auch durchaus eine höhere Entschädigung wegen vertanem Urlaub möglich.


Ihr Anwalt für Reiserecht in Erfurt vertritt sie bundesweit

Einen Fachanwalt für Reiserecht gibt es nicht. Das Rechtsgebiet gehört dem Zivilrecht beziehungsweise Privatrecht an. Die Rechtsanwaltskanzlei Holstein in Erfurt übernimmt überwiegend zivilrechtliche Mandate. Deshalb beraten wir Sie auch gerne in reiserechtlichen Angelegenheiten.

 

Natürlich können wir Sie standortunabhängig beraten. Alle relevanten Angelegenheiten können telefonisch und digital besorgt werden. Von daher sind wir als Rechtsanwaltskanzlei immer in Ihrer Nähe und beraten Sie hinsichtlich Ihrer Ansprüche aus dem Reiserecht. Natürlich können wir Ihnen auch helfen, wenn Sie sich gerade im Ausland befinden.