Wegen der hohen Energiepreise einfach wenig oder gar nicht heizen? Das erscheint aktuell – abgesehen von den damit verbundenen Unannehmlichkeiten – zunächst plausibel. Hierdurch kann aber die Feuchtigkeit in der Wohnung ansteigen – diese ist ein guter Nährboden für Schimmel und damit auch für rechtliche Streitigkeiten.
Dass der Gesetzgeber zum 1. September 2022 mit der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristig wirksame Maßnahmen“ für die kommende Heizperiode Klauseln in Mietverträgen außer Kraft gesetzt hat, die dem Mieter eine bestimmte Mindesttemperatur in seiner Wohnung vorschreiben, ändert hieran nichts!
Inhalt
Wer haftet bei einem Schimmelschaden
Es ist ganz einfach: Die Ursache des Schimmelschadens entscheidet darüber, wer haftet.
Wie entsteht der Schaden also? Und wie lässt sich dies nachweisen? Welche Pflichten haben Mieter? Im
Widmen wir uns diesen Aspekten. Anschließend spielen noch die Rechte des Mieters bei Schimmelbefall eine Rolle.
Faktoren bei der Entstehung des Schadens
Niedrige Temperaturen in Verbindung mit wenig Lüftung führen rasch zu Schimmel. Immerhin entsteht immer einige Feuchtigkeit durch Putzen, Kochen, Waschen, Atmung usw.. Wenn die Luft im Raum das Wasser nicht mehr aufnehmen kann, bilden sich Kondenswasser und feuchte Stellen – nun kann Schimmel gedeihen.
Das Risiko steigt zusätzlich, wenn das Gebäude ohnehin feucht ist.
Dies kann einerseits an Mängeln am Gebäude liegen; etwa an Rissen im Mauerwerk oder einem Wasserschaden. Andererseits können auch Modernisierungsmaßnahmen zu mehr Feuchtigkeit im Gebäude führen; Abdichtung durch Dämmung und stark isolierende (Plastik)Fenster.
Verursacher des Schadens
Vor diesem Hintergrund kann der Vermieter – zutreffend oder unzutreffend – behaupten, dass der Schimmelschaden durch das Wohnverhalten des Mieters verursacht wurde. Immerhin gehört es zu den Pflichten des Mieters, Schäden an den Wohnräumen – hier Schimmel – abzuwenden.
Meist bedarf es sodann eines Sachverständigengutachtens, um die Ursache des Pilzbefalls nachzuweisen. Hinsichtlich des Lüftungsverhaltens können Sachverständige jedoch lediglich Vermutungen treffen. Rückschlüsse auf das Heizverhalten lässt hingegen der Energieverbrauch zu.
Der Vermieter muss beweisen, dass der Mieter den Schimmel verursacht – also gegen seine Pflichten verstoßen – hat.
„Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer und des Bundesgerichtshofs (BGH WuM 2005, 54; vgl. Schmidt-Futterer-Eisenschmid, 10. Auflage, § 536, Rn. 215, 454) obliegt dem Vermieter nach der sogenannten Gefahrkreistheorie der Beweis, dass der Schimmel nicht auf bauseitige Ursachen zurückzuführen ist. Der Vermieter muss also den Beweis führen, dass aus technisch-handwerklicher Sicht auszuschließen ist, dass der Schimmel auf die Bausubstanz zurückzuführen ist und nicht etwa muss der Mieter beweisen, dass der Schimmel auf die Bausubstanz zurückzuführen ist.“
Hierzu im Detail LG Bonn (Urteil vom 13.09.2012 - 6 S 69/12)
Pflicht des Mieters zur Schimmelvermeidung
Bezüglich der Vermeidung von Schimmelbildung können einerseits vertragliche Bestimmungen eine Rolle spielen; gegebenenfalls nebst Hinweisen des Vermieters. Ansonsten lässt die Sorgfaltspflicht sich als Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Eigentum des Vermieters verstehen.
Der Grundgedanke lässt sich wieder einfach herunterbrechen: hohe Feuchtigkeit sollte vermieden werden, damit sich kein Schimmel bildet. Hierzu dient laut bisheriger Rechtsprechung ausreichendes Lüften in Kombination mit Heizen.
Wird es – etwa beim Trocknen von Wäsche – besonders feucht, sollte hierauf angemessen reagiert werden. Selbiges gilt für Mängel und eben die Kommunikation mit dem Vermieter, falls sich ein Schaden einstellt. Kommt es nun zu einem Streit, spielen die Details eine Rolle:
Sofern es keine konkreten vertraglichen Vorgaben etc. gibt, gilt laut Rechtsprechung folgendes:
- In der Regel ist von einem vertraglich geschuldeten Heizverhalten mit dem Ergebnis von ca. 17 – 20 Grad Celsius Raumlufttemperatur nebst einem geschuldeten Lüftungsverhalten in Gestalt von zweimaligen (morgens/abends) Stoß- oder Querlüften für jeweils ca. 10 Minuten auszugehen.
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„Ein darüber hinausgehend geschuldetes Heiz- und Lüftungsverhalten kann sich lediglich aus Besonderheiten der Nutzung ergeben, die den Mietern zuzurechnen wäre, wie etwa Wäschetrocknung in der Wohnung, wodurch eine Zusatzlüftung nach dem Trocknen erforderlich wäre.“
- Auf entstehende/ bestehende Schimmelgefahren muss der Vermieter reagieren; etwa durch gezielte Baumaßnahmen oder durch Hinweis an den Mieter auf ein erforderliches gesteigertes Heiz- und Lüftungsverhalten. (LG Bonn, Urteil vom 13.09.2012 - 6 S 69/12)
Schadensersatz Anspruch des Vermieters
Sofern Pflichtverletzungen des Mieters für die Schimmelbildung ursächlich sind, muss er Schadensersatz an den Vermieter leisten. Wer im kommenden Winter beim Heizen sparen will, sollte deshalb zumindest viel lüften. Sparmaßnahmen beim Heizen können allerdings mit einem erheblichen wirtschaftlichen (Schadensersatzansprüche) und gesundheitlichen Risiko einhergehen.
Rechte und Pflichten des Mieters bei Schimmel
Die Rechte des Mieters können entfallen, wenn er den Schimmelbefall bzw. die Ursachen bei Abschluss des Mietvertrages bereits kannte (§ 536b BGB).
Ungeachtet dessen ist es zunächst für den Mieter wichtig, den Vermieter unverzüglich über den Schimmel in Kenntnis zu setzen (§ 536c BGB); unabhängig von der Verantwortlichkeit bzw. dem Verschulden.
- Schriftliche Mitteilungen sind dokumentiert und damit vorzugswürdig.
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Eine angemessene Frist zur Beseitigung ist wichtig. Welcher Zeitraum angemessen ist, hängt davon ab, wie gravierend der Schimmelbefall und damit die Auswirkungen sind.
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Daneben sollte der Vermieter rechtzeitig schriftlich erfahren, dass der Mieter nach abgelaufener Frist von einem seiner Rechte Gebrauch macht. Welche ihm zustehen, wird später thematisiert.
Nach der Mitteilung kann der Vermieter den Schimmelschaden beseitigen; gegebenenfalls auch die Ursachen. Idealerweise sind sich alle einig und der Pilz ist zügig entfernt.
Ansonsten kann der Mieter ein Selbstbeseitigungsrecht haben; inklusive Aufwendungsersatzanspruch (§ 536a Absatz 2 BGB). Mit anderen Worten: der Mieter kann den Schimmel beseitigen und die Erstattung angemessener Aufwendungen verlangen. Voraussetzung ist, dass
- der Vermieter mit der Beseitigung des Schimmels im Verzug ist (also eine angemessene Frist nicht einhält) oder
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die umgehende Beseitigung zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestandes der Mietsache notwendig ist (letzteres wird bei Schimmelbefall selten vorkommen).
Ansonsten kommt es auf die Verursachung bzw. das Verschulden an:
1. Verursacht allein der Mieter den Schimmelschaden sorgfaltswidrig, dann muss er für die Beseitigung aufkommen.
2. Ist der Pilzbefall indes allein auf die Eigenschaften des Gebäudes zurückzuführen, dann stehen dem Mieter meist folgende Rechte zu; regelmäßig auch soweit sowohl Vermieter und Mieter verantwortlich sind:
- Mietminderung (§ 536 Absatz 1 BGB)
- Schadensersatzanspruch (§ 536a Absatz 1 BGB)
- Abgabe einer fristlosen Kündigung (§ 543 BGB)
Wenn der betroffene Mieter von seinen Rechten Gebrauch machen möchte, können darüber hinaus diverse weitere Details beachtlich sein. Hier ein kurzer Überblick:
Mietminderung
Hinsichtlich einer Mietminderung kommt es aus folgenden Gründen auf das Ausmaß des Schimmelbefalls an:
- Bei geringfügigem Schimmelbefall scheidet eine Minderung aus (§ 538 Absatz 1 Satz 3 BGB). Geringfügig ist der Schimmelbefall tendenziell dann, wenn er sich kaum auf die Nutzung der Wohnung auswirkt.
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Ist eine Wohnung unbewohnbar, dann ist für diesen Zeitraum keine Miete zu entrichten (§ 536 Absatz 1 Satz 1 BGB). Zu den Voraussetzungen sei exemplarisch auf ein Urteil des Amtsgerichts Kreuzberg verwiesen.
Oftmals ist die betreffende Wohnung indes noch bewohnbar. In diesen Fällen braucht der Mieter bloß eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten (§ 536 Absatz 1 Satz 2 BGB). Diese Mietminderung tritt kraft Gesetzes ein und muss dem Vermieter zwar angezeigt, von diesem aber keineswegs bewilligt werden.
Wann ist eine Miete nun im Einzelfall angemessen herabgesetzt? Folgende Faustregel gibt es: maßgeblich ist, inwieweit die Nutzung der Wohnung eingeschränkt ist; spiegelbildlich steht dem die Frage gegenüber, wie die Wohnung eigentlich beschaffen sein sollte. Der Mieter sollte allerdings vorsichtig sein:
Mindert er zu massiv, kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen. Dazu muss der unrechtmäßig geminderte Betrag in der Summe die Schwelle von zwei Monatsmieten überschreiten.
Immerhin rechtfertigt ein Zahlungsrückstand von zwei Monatsmieten eine Kündigung durch den Vermieter (§ 543 Absatz 2 Nummer 3 BGB). Dabei sind auch weitere (gegebenenfalls vorhandene) unzulässige Zahlungsrückstände zu berücksichtigen; also nicht nur der geminderte Betrag.
Sofern die Höhe der Minderung hingegen angemessen ist, kann diese auch keine Kündigung rechtfertigen. Zur Vorsicht ist deshalb zu raten, weil es insbesondere für juristische Laien schwierig sein kann, eine adäquate Minderungsquote festzulegen; lediglich Anhaltspunkte bieten hingegen pauschale Werte aus dem Internet – zumal sich die Rechtsprechung ändern kann.
Besser ist es, hier anwaltliche Hilfe in Betracht zu ziehen. Alternativ hilft auch der lokale Mieterschutzverein.
Erklärung einer fristlosen Kündigung
Eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ist grundsätzlich nur aus einem besonders wichtigen Grund möglich. Hierbei müssen die wechselseitigen und unterschiedlichen Interessen beider Seiten, also der Mieter genauso wie des Vermieters, berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden.
Es besteht also kein automatisches Recht zur fristlosen Kündigung einer Mietwohnung bei Schimmelbefall.
Eine fristlose Kündigung ist logischerweise etwa ausgeschlossen, wenn die von Schimmel befallenen Räume gar nicht bewohnt und auch sonst nur selten genutzt werden; so also gegebenenfalls in Hauswirtschaftsräumen oder Abstellkammern. Auch kleine und neue Schimmelstellen ebnen in aller Regel nicht den Weg für eine sofortige außerordentliche Kündigung.
Von der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass eine fristlose Kündigung in Betracht kommt, wenn entweder
- nachgewiesen werden kann, dass von dem konkreten Schimmel eine erhebliche Gesundheitsgefährdung ausgeht (wofür jedoch ein toxikologisches Gutachten notwendig wäre, welches für viele Mieter zu kostspielig ist)
- oder wenn bereits Erkrankungen aufgetreten sind, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Schimmelbefall zurückzuführen sind.
Im Streitfall müsste der Mieter jedoch auch hierfür einen Beweis erbringen. Zu verlangen sein dürfte insoweit nicht nur ein ärztliches Attest, aus welchem sich ein möglicher Zusammenhang zwischen der konkreten Erkrankung und dem Schimmel ergibt, sondern jedenfalls eine konkrete medizinische Auseinandersetzung mit Art und Umfang des Schimmelbefalls in der Wohnung und den gesundheitlichen Auswirkungen.
Schadensersatzanspruch des Mieters
Häufig übersehen wird zuletzt der Schadensersatzanspruch infolge eines (zumindest auch) vom Vermieter verursachten Schimmelbefalls in der Wohnung. Dieser Schadensersatzanspruch kann durchaus neben der Mietminderung und einem etwaigen Recht zur fristlosen Kündigung stehen.
Ist beispielsweise das Bewohnen der Wohnung nicht mehr länger zumutbar oder müssen Mieter infolge einer Beseitigung des Schimmels durch den Vermieter vorübergehend aus der Wohnung ausziehen, verursacht dies regelmäßig Kosten. Soweit diese Kosten kausal auf ein Verschulden des Vermieters zurückgehen, hat jener sie in der Regel im Wege des Schadensersatzes zu tragen.
Des Weiteren können im Einzelfall auch die Kosten für eine ärztliche Heilbehandlung aber etwa auch ein Wertersatz für vom Schimmel mit befallene Haushaltsgegenstände des Mieters (beispielsweise angeschimmelte und daher zu entsorgende Schränke) in Betracht kommen.
Rechtliche Beratung bei einem Schimmelschaden
Im Einzelfall können noch diverse Faktoren relevant sein, die in einem allgemeinen Beitrag nicht erörtert werden können. Insoweit empfiehlt sich im Streitfall meist eine Beratung durch einen Rechtsanwalt; Mieter können sich natürlich auch an einen lokalen Mieterschutzverein wenden.
Ihrem Anliegen widmet sich auch gern unsere Kanzlei in Erfurt. Wir können Sie bundesweit vertreten. Kontaktieren Sie uns einfach unverbindlich mit Ihrem persönlichen Anliegen.